Liebe Leserin, lieber Leser,
der angebliche Digitalisierungsschub durch die Pandemie wird immer mehr ein Schuss in den Ofen. Schon jetzt, nach wenigen Erleichterungen aus dem Lockdown heraus, gehen viele Unternehmen so schnell wie möglich zu alten Mustern zurück. Trotzdem spricht jeder von Veränderungen, doch diejenigen, die es benötigen werden kaum davon angetrieben.
Ist jetzt schon eine Bilanz absehbar, dass die Digitalisierung sich auf hundertausende Schultablets und partielle behördliche Online-Angebote reduziert?
Laufen wir schon wieder rückwärts?
Ist dies das Szenario? Sicher nicht ganz, jedoch sind tatsächlich Tendenzen zu sehen, dass sich die Digitalisierung abschwächt. Umsätze von IT Unternehmen gehen wieder zurück zum normalen Level, stagnieren oder die Papiere von Techwerten geben an der Börse massiv nach, wie in den letzten Wochen zu beobachten war.
Nach Gesprächen mit vielen Unternehmern wurde deutlich, dass man tatsächlich so schnell wie möglich zu alter Struktur zurückkehren will, was in den Überzeugungen auch als verständlich und einsehbar war. Die erste Pflicht eines Unternehmers ist zu überleben und hier zählt nun Mal der Umsatz. Sicherlich wird man die eine oder andere Idee umsetzen wollen, nachdem man lange darüber nachgedacht hat, wie dies zu implantieren sein könnte.
An dieser Stelle würde ich Sie gerne widersprechen hören, schreiben Sie mir ob Sie ebenfalls die Sachlage ähnlich sehen. Wie gestaltet sich der Wiederaufbau bei Ihnen?
Hat Deutschland eine Verständnis Hürde?
Trotzdem möchte ich auch an dieser Stelle nochmal auf die neue digitale Welt eingehen. In Bezug auf die Digitalisierung würde ich gerne eine weitere These in den Raum stellen bezüglich des deutschen Umgangs mit der digitalen Herausforderung. Ich behaupte, dass nur sehr wenige Personen in Deutschland begriffen haben, was die digitale Revolution bedeutet. Die überwiegende Mehrheit sieht sie als zusätzliche Möglichkeit einer unternehmerischen Maßnahme. Man kann sie nutzen oder nicht, dabei spielt das aktuelle unternehmerische Modell dann noch eine Rolle. „Es muss halt passen“, ist eine gängige Meinung, die ebenfalls aufzeigt wie Digitalisierung eingeordnet wird.
Dabei spricht die Stellung und das Rating, die Deutschland inzwischen in der Wirtschaftswelt innehat eine deutliche Sprache. Wir sind weit abgefallen vom Mainstream, auch wenn die wieder zunehmenden Exportaufträge scheinbar etwas anderes signalisieren.
Die Ignoranz steckt im System, denn wir laufen ja und wir rühren ein System, welches läuft, nicht an. Doch die Situation ist weitaus komplexer und labiler als Unternehmerkreise annehmen. Sobald die ersten Lieferungen befriedigt sind und weltweit die Produktion angelaufen ist, werden Länder und deren Unternehmen versuchen, sich weitgehend unabhängig vom Weltmarkt zu machen. Dies wird zwar eine Verteuerung bedeuten, aber bietet mehr Sicherheit.
Durch die Pandemie wurde weltweit das Empfinden für Sicherheit verletzt. Dies ist die Basis für die tatsächlichen Veränderungen, die wir langsam, aber sicher sehen werden. Von staatlicher Seite ist
jetzt schon eine Flut an neuen Gesetzen zur Katastrophenbewältigung zu sehen, beinahe jede Woche entstehen neue Gesetze und werden so schnell durchgewunken wie nie zuvor.
Unternehmen rüsten sich mit Heimarbeitsplätzen und Meetings über ZOOM und entdecken, dass sich auch so Entscheidungen treffen lassen. 90% dieser Meetings dürften in den letzten Monaten zu einem Zweck gedient haben, wie können Rohstoffe gesichert werden für die Produktion. Mancher bedauert, sich zu schnell auf Produzenten in China eingelassen zu haben und andere suchen im näheren europäischen Raum nach Möglichkeiten, Rohstoffe zu sichern. Der Rohstoff-Scout wird zu einer der wichtigen Rollen.
Wird sich am Weltmarkt etwas ändern?
Die Knappheit an Rohstoffen wird jedoch zunehmend dramatischer werden, denn das weltweite Sicherheitsbedürfnis veranlasst viele möglichen Lieferanten dazu, Preise zu erhöhen und größere Bestände anzulegen. Sicherheit geht vor. Denken Sie darüber nach, wie Sie auf die Folgen reagieren.
Es ist keine Branche davon ausgenommen, selbst der Bäcker um die Ecke nicht. Nicht nur dessen Zusatzstoffe werden in China hergestellt und werden dann vom Importeur in den Backmischungen verarbeitet und so angeliefert, sondern auch das ganze Werkzeug, welches in der Backstube benutzt wird.
Den Chinesen sind während des strengen Lockdowns ebenfalls viele Rohstoffe rar geworden, der Export wurde daraufhin staatlich auf beinahe null heruntergefahren.
Erinnern Sie sich an die maslowsche Pyramide, sie war in die Kritik geraten, da sich die grundsätzlichen Bedürfnisse geändert haben. Doch auf den untersten Ebenen, wo es um das Überleben geht, werden wir immer der Sicherheit die größte Rolle zuschreiben, dies zeigt sich bei jeder Gelegenheit, in welcher ein Mensch in die Enge getrieben wird. Der Handel der menschlichen Rasse wird sich mehr verändern als alles andere. Die psychosoziale Komponente, die Verletzung des Sicherheitsempfindens durch die Pandemie wird dies bewirken und dies wird uns erst gerade bewusst.
Was hat sich schon verändert?
Nationen verändern ihren Handel, indem sie die Chance der digitalen Versionen nicht nur erkannt haben, sondern sie zur staatlichen Maxime gemacht haben. Neben asiatischen Staaten wie Singapur und Malaysia sind selbst Regierungen in Afrika auf dem Weg zur Digitalisierung. Dass China hier uns allen 10 Jahre voraus ist, wissen vielleicht viele noch nicht und man darf das gerade installierte Social Scoring, ein Ratingsystem für jeden Chinesen kritisieren, aber die technische Umsetzung zeigt, wie weit die Digitalisierung fortgeschritten ist. Eine Fußgängerampel mit Gesichtserkennung, die meinem persönlichen Socialkonto Punkte abzieht, sollte ich bei Rot über die Straße gehen, ist dabei noch nicht einmal der Gipfel. Wird eine gewisse Punktezahl unterschritten, werden Kreditkarte, Fahrkarten und Einkaufsapps automatisch gesperrt. Schauen Sie in dem Beispiel China oder auch Singapur jedoch nicht auf diese furchteinflößenden Anwendungen, sondern erkenn Sie, wie weit die digitale Vernetzung bereits bei einem Grad angekommen ist, der etwas in die Zukunft blicken lässt.
Kann Umdenken so schwer sein?
Digitalisierung ist nicht ein Teil, den wir gerade Mal überdenken können, sonst wird sie uns überrollen und weit hinter uns lassen. Das Problem jedoch ist, dass wir dies noch nicht erkennen, denn wir gehen davon aus, dass wir das kontrollieren können. Ein wahrhaft deutscher Fehler. Es sieht beinahe so aus, als ob unsere digitale Ignoranz zu einer Falle werden könnte, die unser gesamtes Wirtschaftssystem bedrohen könnte.
Ich freue mich auf Ihre Kommentare, Ihr Widersprechen oder Ihre Anregungen. Bis dahin machen wir das Beste daraus, wir bieten „Wissen für die Wirtschaft“, damit Sie und Ihre Mitarbeiter die Chancen sehen lernen, die sich für Ihr Überleben als notwendig erweisen werden. Lernen ist wie nie zuvor die Schaffung des Vorteils gegenüber jeglicher Herausforderung.
Ihr
Oliver Haberger
Dipl. Kfm. Univ.
Geschäftsführer
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